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Krautworking
09 / Nov / 2016      

09.11.2016. Crowdworking setzt sich in Deutschland durch…

Die Idee ist nicht neu. In Deutschland ist Crowdworking aber ein vergleichsweise junges Phänomen, das zurzeit enormen Zulauf verbucht. Hunderdtausende deutsche Crowdworker haben sich bereits bei erfolgreichen Portalen wie Amazons Mechanical Turk, Clickworker, Streetspotr oder Testbirds registriert. Die Jobs reichen von anspruchsvollen Aufgaben, z.B. der Entwicklung von Designs für Werbekampagnen, bis hin zu einfachen Mikrojobs, sogenannten “Klickworker”-Jobs, wie Dateneingabe oder Adressenrecherche. Allen gemeinsam ist, sie werden ausschließlich online organisiert. Die Auftraggeber wissen zum Teil nicht einmal, in welchem Land ihr Crowdworker sitzt.

Crowdworking ist kein Trend. Es ist die Zukunft.
Crowdworking boomt, von einem “Trend” zu sprechen wird der Entwicklung aber nicht gerecht. Experten sehen im Crowdworking die Zukunft der Arbeitswelt – einen strukturellen Wandel, vergleichbar mit den Veränderungen, die die industrielle Revolution mit sich gebracht hat.

Bei IBM zum Beispiel läuft diese Entwicklung unter dem Schlagwort “IBM-Liquid” bzw. “Generation Open”. Monika Schäfer, Betriebsrätin bei IBM: “IBM-Liquid ist Teil eines Konzepts, das sich “Generation Open” nennt und im Zusammenhang einer grundlegenden Veränderung von Arbeitsverhältnissen und Arbeitsorganisation steht. Bei IBM-Liquid werden Projektaufträge in so kleine Arbeitseinheiten aufgeteilt, dass sie über Web-basierte Plattformen weltweit als Wettbewerbe ausgeschrieben werden können. Und zwar sowohl an eine IBM-interne Crowd als auch an externe Freelancer.”*

Schöne neue Arbeitswelt oder Comeback frühkapitalistischen Tagelöhnertums?
Dieses innovative Arbeitsmodell ist eine große Chance und in vielerlei Hinsicht bereits ein Erfolgsmodell für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auftraggeber können weltweit nach den besten Spezialisten fahnden, es entsteht eine nie da gewesene Transparenz im Arbeitsmarkt und die Crowdworker schätzen die Flexibilität und den einfachen Zugang zum Arbeitsmarkt.
“Crowdsourcing als innovatives Konzept für die Organisation von Arbeit ermöglicht es Unternehmen schnell und flexibel auf einen großen Pool an Arbeitskräften und somit auch Kompetenzen sowie Fähigkeiten zuzugreifen.”**, erläutert Prof. Dr. Jan Marco Leimeister vom Deutschen Crowdsourcing Verband die Vorteile für die Auftaggeber.
Philipp Benkler, Geschäftsführer von Testbirds, stellt fest: “Crowdworking entspricht dem Wunsch vieler Erwerbstätiger nach mehr Freiheit und Flexibilität”.***

Gewerkschaften sehen das weniger optimistisch: Dumpinglöhne, mangelnde soziale Absicherung, das Aushebeln der Arbeitnehmerrechte und erhöhter Druck auf Arbeitnehmer in festen Anstellungsverhältnissen. Einige sehr kritische Stimmen sprechen sogar von moderner Sklaverei.

Die bekanntesten deutschen Crowdworking-Anbieter und der Deutsche Crowdsourcing Verband haben darauf mit einem selbst auferlegten Verhaltenskodex reagiert. Er regelt die Zusammenarbeit zwischen Dienstleistern, Kunden und Crowdworkern und soll faire Bedingungen gewährleisten. Dennoch ist hier auch der Staat gefragt, der mit Arbeitnehmerschutzgesetzen, die buchstäblich teilweise noch aus “Kaiserszeiten” stammen, den Anforderungen des modernen Stellenmarkts nicht gerecht wird.

Natürlich birgt Crowdworking Risiken, und wie für alle Opensource Angebote gilt auch hier: Regelungen müssen her, das Internet darf nicht zum rechtsfreien Raum werden. Es ist aber auch eine riesige Chance. Sicher ist eigentlich nur eines: Aufhalten lässt es sich nicht.

* computerwoche.de/a/ibm-macht-ernst-mit-crowdworking,3068119
** bpb.de/dialog/netzdebatte/219010/arbeit-per-click-das-potenzial-der-crowd-nutzen
*** karrierebibel.de/crowdworking